Nutzungsabsicht bei der Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BG

 

Ein Ver­mie­ter kann ein Miet­ver­hält­nis, wel­ches auf unbe­stimm­te Zeit abge­schlos­sen wor­den ist, nur kün­di­gen, wenn er ein berech­tig­tes Inter­es­se an der Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses hat. Ein berech­tig­tes Inter­es­se des Ver­mie­ters an der Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses liegt ins­be­son­de­re vor, wenn der Ver­mie­ter die Räu­me als Woh­nung für sich, sei­ne Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen oder Ange­hö­ri­ge sei­nes Haus­halts benötigt.

 

»> Fach­an­walt Miet­recht FAQ

 

Der Ver­mie­ter muss jedoch einen aktu­el­len Bedarf haben. Eine soge­nann­te Vor­rats­kün­di­gung, der ein gegen­wär­tig noch nicht abseh­ba­rer Nut­zungs­wunsch des Ver­mie­ters bzw. des pri­vi­le­gier­ten Per­so­nen­krei­ses zu Grun­de liegt, reicht hier­für nicht aus. Der Nut­zungs­wunsch muss dem­ge­gen­über zum Kün­di­gungs­zeit­punkt und bis zum Ablauf der Kün­di­gungs­frist bestehen. Hat der Ver­mie­ter bzw. die vom Ver­mie­ter benann­te Eigen­be­darfs­per­son gar nicht die Absicht, in die gekün­dig­te Woh­nung als­bald ein­zu­zie­hen, liegt ein zur Kün­di­gung berech­ti­gen­der Eigen­be­darf nicht vor (BGH, Beschluss vom 11.10.2016, VIII ZR 300/15).

 

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In den meis­ten Fäl­len wird sich erst nach Räu­mung der Woh­nung durch den Mie­ter her­aus­stel­len, ob tat­säch­lich Eigen­be­darf vor­ge­le­gen hat. Wird die streit­ge­gen­ständ­li­che Woh­nung nach der Räu­mung nicht zeit­nah von der berech­tig­ten Per­son bezo­gen, liegt der Ver­dacht nahe, dass der Eigen­be­darf nur vor­ge­scho­ben wor­den und tat­säch­lich nicht gege­ben ist. Bei der Beur­tei­lung ist ins­be­son­de­re auf den zeit­li­chen Abstand zwi­schen Aus­zug des Mie­ters und dem Ein­zug der Bedarfs­per­son abzustellen.

 

Unab­hän­gig von der Fra­ge, ob der Mie­ter in die­sem Fall die Woh­nung frei­wil­lig — in der Regel nach Abschluss einer Miet­auf­he­bungs­ver­ein­ba­rung oder eines gericht­li­chen Räu­mungs­ver­gleichs — oder unfrei­wil­lig auf­grund eines gericht­li­chen Räu­mungs­ur­teils geräumt hat, ste­hen die­sem im Fal­le der unbe­rech­tig­ten Eigen­be­darfs­kün­di­gung ent­spre­chen­de Scha­dens­er­satz­an­sprü­che wegen vor­ge­täusch­ten Eigen­be­darfs zu.

 

Die­ser Scha­dens­er­satz­an­spruch kann rela­tiv schnell in fünf­stel­li­ger Höhe ent­ste­hen, da nicht nur die ent­stan­de­nen Umzugs­kos­ten, son­dern unter ande­rem auch Mak­ler­kos­ten, Kos­ten für eine durch­ge­führ­te Reno­vie­rung sowie eine höhe­re monat­li­che Miet­zah­lung in der neu­en Woh­nung in Ansatz gebracht wer­den können.

 

Wegen Eigen­be­darfs gekün­dig­te Mie­ter soll­ten daher nach einer erfolg­ten Räu­mung des Miet­ob­jek­tes im Anschluss immer kon­trol­lie­ren, ob die Miet­woh­nung auch tat­säch­lich durch die Per­son, wel­che in dem Kün­di­gungs­schrei­ben ange­ge­ben wor­den ist, genutzt wird. Jed­we­de Nut­zung durch eine ande­re Per­son oder gar eine Neu­ver­mie­tung an einen ande­ren Mie­ter kann näm­lich zu der Ent­ste­hung der beschrie­be­nen Scha­dens­er­satz­an­sprü­che führen.

 

Der Ver­mie­ter soll­te dem­ge­gen­über eine Eigen­be­darfs­kün­di­gung, wel­che in den letz­ten Jah­ren von dem Bun­des­ge­richts­hof immer wei­ter ver­ein­facht wor­den ist, wirk­lich nur dann aus­spre­chen, wenn tat­säch­lich Eigen­be­darf vor­liegt. Soll­te näm­lich eine Eigen­be­darfs-kün­di­gung nur erfol­gen, um einen unlieb­sa­men Mie­ter los­zu­wer­den oder die gekün­dig­te Woh­nung zu einer höhe­ren Mie­te neu ver­mie­ten zu kön­nen, setzt sich der Ver­mie­ter einer gro­ßen Gefahr erheb­li­cher Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen des Mie­ters aus.

 

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=11647cb9bf94e6b8ff6ed6cd7e2915c6&nr=76619&pos=0&anz=1