Ärztliche Sorgfaltspflichtverletzungen im Bereich der Geburtshilfe führen in der Regel zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Neugeborenen. Schwerste geistige wie körperliche irreversible Behinderungen sind Folgen von Versäumnissen vor oder während der Geburt. Häufig führen diese dazu, dass die geburtsgeschädigten Kinder ein Leben lang in ihrer Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit sowie Persönlichkeitsentwicklung eingeschränkt sind, eine selbstbestimmte Lebensführung ohne fremde Hilfe nicht möglich ist. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat in derartigen Fälen schwerster gesundheitlicher Schädigungen ein Wandel im Bereich der gerichtlich zugesprochenen Schmerzensgeldhöhen stattgefunden.
So hielt beispielsweise im Jahre 1988 das Oberlandesgericht Hamm für ein Kind mit dauerhaft spastischem Cerebralleiden einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 80.000,- DM für angemessen (Urteil vom 09.03.1988, 3 U 105/07). Auch Anfang der 90-er Jahre entschied das Oberlandesgericht Köln, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000,- DM nebst monatlicher Schmerzensgeldrente in Höhe von 750,- DM für ein dauerhaft hirngeschädigtes Kind, welches an einer Tetraspastik mit Krämpfen und schwerster Störung der intellektuellen Sprachentwicklung litt und zeitlebens pflegebedürftig sein würde, angemessen sei (Urteil vom 02.12.1992, 27 U 74/92). Mitte der 90-er Jahre konnte langsam eine Steigerung der Schmerzensgeldhöhe verzeichnet werden.
Das Oberlandesgericht Köln entschied im Jahre 1995 nach einer richtungsweisenden Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1993, auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 350.000,- DM nebst Schmerzensgeldrente in Höhe von monatlich 650,- DM. In seiner Entscheidung hatte der BGH darauf verwiesen, dass auch in Fällen nahezu umfänglicher Zerstörung der Persönlichkeit, nicht nur eine symbolhafte Schmerzensgeldentschädigung zuzubilligen sei, sondern vielmehr die Schmerzensgeldhöhe in Relation zur Schwere der körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen zu stehen habe- auch dann, wenn der Geschädigte in Folge der Schädigung seine Empfindungsfähigkeit verloren habe ( BGH, VersR 1993, 327 ff.).
Mittlerweile ist es als gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung anzusehen, dass die Schmerzensgeldhöhe unabhängig davon ist, ob der Betroffene in der Lage ist, sein Schicksal zu empfinden. Sind die gesundheitlichen Schädigungen aber derart gravierend, dass der Geschädigte in der Wurzel seiner Persönlichkeit getroffen ist, so ist unter Berücksichtigung des hohen Wertes, den das Grundgesetz in Art. 1 und 2 der Persönlichkeit und der Würde des Menschen beimisst, eine herausragende Schmerzensgeldentschädigung angemessen. Diese Tendenz bestätigen aktuelle obergerichtliche Urteile der letzten Jahre insbesondere im Bereich der geburtsschadensrechtlichen Schwerstbehinderungen. Schmerzensgelder im Bereich von 500.000,- gegebenenfalls zuzüglich einer lebenslangen Schmerzensgeldrente sind keine Seltenheit mehr, sondern sind mittlerweile von den meisten Oberlandesgerichten bestätigt worden (so OLG Hamm, Urteil vom 16.01.2002, 3 U 156/00; ebenso OLG Stuttgart, Urteil vom 09.09.2008, 1 U 152/07).
Damit sind die Gerichte in Deutschland immer noch meilenweit von Schmerzensgeldbeträgen anderer Länder- beispielsweise den USA- entfernt. Die eindeutige Tendenz der Rechtsprechung aber geht zu steigenden Schmerzensgeldbeträgen.