In Arzt­haf­tungs­sa­chen wird von der Beklag­ten­sei­te häu­fig die Ver­jäh­rungs­ein­re­de erho­ben, sodass geprüft wer­den muss, ob ggf. bereits eine Ver­jäh­rung der Ansprü­che auf Zah­lung eines Schmer­zens­gel­des und Scha­dens­er­sat­zes auf­grund des erlit­te­nen Behand­lungs­feh­lers ein­ge­tre­ten ist.

Die regel­mä­ßi­ge Ver­jäh­rungs­frist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jah­re und beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jah­res, in dem der Anspruch ent­stan­den ist und der Gläu­bi­ger (= medi­zin­ge­schä­dig­te Pati­ent) von den Anspruch begrün­den­den Umstän­den und der Per­son des Schuld­ners Kennt­nis erlangt oder ohne gro­ße Fahr­läs­sig­keit erlan­gen müss­te. Ohne Rück­sicht auf den Zeit­punkt der Ent­ste­hung und der Kennt­nis oder grob fahr­läs­si­gen Unkennt­nis ver­jäh­ren Scha­dens­er­satz­an­sprü­che, die auf der Ver­let­zung des Lebens, des Kör­pers oder der Gesund­heit beru­hen, in 30 Jah­ren von dem Zeit­punkt der ärzt­li­chen Fehl­be­hand­lung an.

Eine Kennt­nis des Pati­en­ten von den anspruchs­be­grün­den­den Tat­sa­chen wird bejaht, sobald die­sem die­je­ni­gen Tat­sa­chen posi­tiv bekannt gewor­den sind, die – im Blick auf den Behand­lungs­feh­ler – ein ärzt­li­ches Fehl­ver­hal­ten und – im Blick auf die Scha­dens­kau­sa­li­tät – eine ursäch­li­che Ver­knüp­fung der Scha­dens­fol­ge mit dem Behand­lungs­feh­ler bei objek­ti­ver Betrach­tung nahe­le­gen. Sei­ne Kennt­nis muss sich dabei auf die Grund­zü­ge erstre­cken und nicht auf das medi­zi­ni­sche Detail. Dies setzt aller­dings ein Grund­wis­sen über den Behand­lungs­ver­lauf der­ge­stalt vor­aus, dass der Pati­ent des­sen wesent­li­che tat­säch­li­che Umstän­de kennt oder grob fahr­läs­sig nicht kennt, was ggf. die Kennt­nis von Tat­sa­chen, aus denen sich ergibt, dass die Maß­nah­men nicht getrof­fen wor­den sind, die nach dem ärzt­li­chen Stan­dard zur Ver­mei­dung oder Beherr­schung von behand­lungs­im­ma­nen­ten Risi­ken oder Kom­pli­ka­tio­nen erfor­der­lich waren, umfasst (BGH, NJW, 1991, 2350).

Eine Kennt­nis von Tat­sa­chen, aus denen sich ergibt, dass der Miss­erfolg ver­meid­bar gewe­sen wäre, ist hin­rei­chend. Es ist kei­ne dar­über hin­aus­ge­hen­de Kennt­nis der Art und des Aus­ma­ßes der Abwei­chung vom ärzt­li­chen Stan­dard not­wen­dig, denn die Gewiss­heit oder auch nur der Ver­dacht eines Behand­lungs­feh­lers sind für den Beginn der Ver­jäh­rungs­frist nicht erfor­der­lich (OLG Karls­ru­he, OLGR 2002, 169). Das Ober­lan­des­ge­richt Bran­den­burg hat nun­mehr eine Kennt­nis von den anspruchs­be­grün­den­den Tat­sa­chen bei einer Pati­en­tin bejaht, die Kennt­nis von der Exis­tenz sowie der Anwend­bar­keit und Zuver­läs­sig­keit einer alter­na­ti­ven Behand­lungs­me­tho­den ver­bun­den mit der Kennt­nis des sich schließ­lich dar­aus erge­ben­den Befun­des (Tumor) hat­te, da auch bei lai­en­haf­ter Wür­di­gung der Schluss gezo­gen kön­ne, dass der Tumor bei früh­zei­ti­ge­rer Anwen­dung der Metho­den auch eher hät­te erkannt und behan­delt wer­den kön­nen (Bran­den­bur­gi­sches OLG, Urt. v. 28.10.2010, 12 U 30/10). Vor­lie­gend hat­te die Klä­ge­rin Kennt­nis von alter­na­ti­ven Behand­lungs­me­tho­den wie Mam­mo­gra­phie und Biop­sie bei Vor­lie­gen eines zunächst als nicht bös­ar­tig ein­ge­schätz­ten Tast­be­fun­des in der lin­ken Brust.