Schriftformheilungsklauseln
Wird ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er gemäß § 550 BGB für unbestimmte Zeit. Dieses Formerfordernis ist insbesondere im Gewerbemietrecht von herausragender Bedeutung. Hintergrund ist der, dass Mietverträge über Ladenlokale, Arztpraxen, Büros etc. in der Regel über einen Zeitraum von mehreren Jahren abgeschlossen werden. Wird das Formerfordernis hinsichtlich des gesamten Vertrages oder wesentlicher Vertragsbestandteile nicht eingehalten, steht jeder Partei ein Kündigungsrecht mit gesetzlicher Kündigungsfrist zu, sodass die (Mindest-) Vertragslaufzeit wesentlich unterschritten werden kann.
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Aufgrund dessen enthalten gewerbemietrechtlichen Verträge in der Regel eine sogenannte Schriftformheilungsklausel mit dem Inhalt, dass sich die Mietvertragsparteien gegenseitig verpflichten, jederzeit alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Nachtrags zum Mietvertrag Genüge zu tun und bis dahin den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform vorzeitig zu kündigen.
Der Bundesgerichtshof hat dazu festgestellt, dass diese sogenannten Schriftformheilungsklauseln mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und daher unwirksam sind. Hierbei ist es irrelevant, ob eine entsprechende Heilungsklausel individuell ausgehandelt oder als allgemeine Geschäftsbedingungen vorformuliert worden ist, da § 550 BGB zwingendes Recht darstellt und nicht umgangen werden darf. Dies wiederum hat zur Folge, dass eine Vertragspartei nicht daran gehindert ist, einen Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel ordentlich zu kündigen (BGH, Urteil vom 27.09.2017, XII ZR 114/16).
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Unabhängig von einer vereinbarten Heilungsklausel besteht daher nunmehr generell die Möglichkeit, einen Mietvertrag, welcher die Schriftform nicht wahrt, ordentlich zu kündigen. Lediglich aufgrund von Treu und Glauben kann es einer Mietvertragspartei verwehrt sein, sich auf die Formnichtigkeit zu berufen. Dies ist der Fall, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Vereinbarung, die lediglich für Sie vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen.
Aufgrund der generellen Unwirksamkeit aller Schriftformheilungsklauseln ist Vertragspartnern daher zu raten, jegliche Vertragsänderung im Rahmen eines Nachtrags zum Mietvertrag schriftlich zu dokumentieren. Um Diskussionen dahingehend zu vermeiden, welche Relevanz einer Vertragsänderung zukommt, sollte tatsächlich ausnahmslos jede (noch so kleine) Vertragsänderung schriftlich festgehalten werden. Ansonsten leben beide Parteien in der ständigen Gefahr, dass sich die andere Partei aufgrund eines Schriftformmangels auf eine Formnichtigkeit des Vertrages beruft und diesen ordentlich — vor dem eigentlich vereinbarten Vertragsende – wirksam kündigt.