Das Saar­län­di­sche Ober­lan­des­ge­richt (Urteil vom 04.02.2015, 1 U 27/13) hat ent­schie­den, dass trotz ärzt­li­chem Befund­er­he­bungs­feh­ler eine Beweis­last­um­kehr zu Guns­ten des Pati­en­ten hin­sicht­lich der Ursäch­lich­keit des Feh­lers für den ein­ge­tre­te­nen Gesund­heits­scha­den (Pri­mär­scha­den) aus­schei­det, wenn der Pati­ent durch das Nicht­wahr­neh­men von gebo­te­nen Kon­troll­ter­mi­nen den Hei­lungs­ver­lauf selbst erheb­lich gefährdet.

In dem zu ent­schei­den­den Fall hat­te der behan­deln­de Arzt wäh­rend eines ope­ra­ti­ven Ein­griffs feh­ler­haft eine Rönt­gen­kon­troll­un­ter­su­chung unter­las­sen, deren Durch­füh­rung Auf­schluss über eine bei dem Ein­griff ver­ur­sach­te dop­pel­te Umstechung des Haupt­gal­len­gangs gege­ben hät­te. Die­se feh­ler­haft ver­säum­te Rönt­gen­kon­troll­un­ter­su­chung ist als Befund­er­he­bungs­feh­ler zu qua­li­fi­zie­ren, d.h. als Unter­las­sung eines medi­zi­nisch gebo­te­nen (Kon­troll-) Befundes.

Grund­sätz­lich folgt aus einem sol­chen (auch ein­fa­chen) Befund­er­he­bungs­feh­ler eine Beweis­last­um­kehr zu Guns­ten des Pati­en­ten, die dann ein­greift, wenn sich bei der gebo­te­nen Abklä­rung mit hin­rei­chen­der Wahr­schein­lich­keit ein reak­ti­ons­pflich­ti­ges posi­ti­ves Ergeb­nis gezeigt hät­te, sich die Ver­ken­nung die­ses Befun­des als fun­da­men­tal oder die Nicht­re­ak­ti­on hier­auf als grob feh­ler­haft dar­stel­len wür­de und der ärzt­li­che Feh­ler gene­rell geeig­net ist, den tat­säch­li­chen Gesund­heits­scha­den herbeizuführen.

Lie­gen die vor­ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen vor, muss der Arzt den Nach­weis füh­ren, dass der erlit­te­ne Gesund­heits­scha­den nicht auf den ärzt­li­chen Feh­ler zurück­zu­füh­ren ist, son­dern der Pati­ent den glei­chen Scha­den auch bei recht­mä­ßi­gem und feh­ler­frei­en ärzt­li­chen Han­deln erlit­ten hät­te. Die­se Kau­sa­li­täts­ver­mu­tung ent­fällt aber dann, wenn der Pati­ent durch sein eige­nes Han­deln eine eigen­stän­di­ge Kom­po­nen­te für das Ver­ei­teln des Hei­lungs­er­fol­ges setzt und dadurch in glei­cher Wei­se wie der ärzt­li­che Feh­ler dazu bei­getra­gen hat, dass der Ver­lauf des Behand­lungs­ge­sche­hens nicht mehr nach­träg­lich auf­ge­klärt wer­den kann.

Dies kann im Fal­le ver­säum­ter Kon­troll­un­ter­su­chun­gen aller­dings nur dann ange­nom­men wer­den, wenn der Pati­ent weiß und ver­stan­den hat, dass die ärzt­lich ange­ra­te­nen Kon­troll­un­ter­su­chun­gen für den Heil­erfolg erfor­der­lich sind. Unter­lässt der Pati­ent die­se Kon­troll­un­ter­su­chun­gen den­noch, wird ihm das als Mit­ver­schul­den angerechnet.Im vor­lie­gen­den Fall kam das Ober­lan­des­ge­richt sach­ver­stän­dig bera­ten zu dem Ergeb­nis, dass die Wei­ge­rungs­hal­tung des Pati­en­ten gegen­über drin­gend gebo­te­nen post­ope­ra­ti­ven Kon­troll­un­ter­su­chun­gen eben­so wie das ärzt­li­che Fehl­ver­hal­ten in Form der unter­las­se­nen intra­ope­ra­ti­ven Kon­troll­be­fun­dung in glei­cher Wei­se zu der Unauf­klär­bar­keit der Ursäch­lich­keit des Scha­dens­ein­tritts geführt hatte.

In einem der­ar­ti­gen Fall bestehe aber kein Grund, dem Pati­en­ten eine Beweis­last­um­kehr zuzu­bil­li­gen. Im vor­lie­gen­den Fall konn­te der Pati­ent man­gels Beweis­last­um­kehr den Nach­weis der Ursäch­lich­keit des Behand­lungs­feh­lers für den Gesund­heits­scha­den nicht füh­ren, sodass dem Pati­en­ten kei­ne Scha­dens­er­satz­an­sprü­che und Schmer­zens­geld­an­sprü­che zuge­spro­chen wurden.