Unter­lässt es der Arzt feh­ler­haft, medi­zi­nisch gebo­te­ne (wei­te­re) Befun­de zu erhe­ben, so begeht er einen Befund­er­he­bungs­feh­ler. Wenn sich bei der gebo­te­nen Abklä­rung der Sym­pto­me mit hin­rei­chen­der Wahr­schein­lich­keit ein so deut­li­cher und gra­vie­ren­der Befund erge­ben hät­te, dass sich des­sen Ver­ken­nung als fun­da­men­tal oder die Nicht­re­ak­ti­on hier­auf als grob feh­ler­haft dar­stel­len wür­de und die­se Feh­ler gene­rell geeig­net sind, den tat­säch­lich ein­ge­tre­te­nen Gesund­heits­scha­den her­bei­zu­füh­ren, führt selbst ein ein­fa­cher Befund­er­he­bungs­feh­ler zu einer Umkehr der Beweis­last hin­sicht­lich der Kau­sa­li­tät des Behand­lungs­feh­lers für den ein­ge­tre­te­nen Gesund­heits­scha­den (BGH, Urteil vom 02.07.2013, VI ZR 554/12). Die­se zuguns­ten des Pati­en­ten wir­ken­de Beweis­last­um­kehr ist ansons­ten nur bei Vor­lie­gen eines soge­nann­ten gro­ben Behand­lungs­feh­lers gegeben.

Ledig­lich das Unter­las­sen einer Auf­klä­rung über die Dring­lich­keit der wei­ter ange­ra­te­nen dia­gnos­ti­schen Maß­nah­men ist jedoch nicht als Befund­er­he­bungs­feh­ler, son­dern als Feh­ler im Rah­men der the­ra­peu­ti­schen Auf­klä­rung zu wer­ten (BGH, Urteil vom 17.11.2015, VI ZR 476/14). Die­ser Auf­klä­rungs­feh­ler führt jedoch nicht zu einer Umkehr der Beweislast.

Unter­lässt es ein Arzt, den Pati­en­ten über die Dring­lich­keit der medi­zi­nisch gebo­te­nen Maß­nah­men zu infor­mie­ren und ihn vor Gefah­ren zu war­nen, die im Fal­le des Unter­blei­bens ent­ste­hen kön­nen, liegt grund­sätz­lich ledig­lich ein Ver­stoß gegen die Pflicht zur the­ra­peu­ti­schen Bera­tung des Pati­en­ten vor. Begrün­det wird dies damit, dass der Schwer­punkt der Vor­werf­bar­keit ärzt­li­chen Fehl­ver­hal­tens in die­sen Fäl­len regel­mä­ßig nicht in der unter­blie­be­nen Befund­er­he­bung als sol­cher, son­dern in dem Unter­las­sen von Warn­hin­wei­sen zum Zwe­cke der Sicher­stel­lung des Behand­lungs­er­fol­ges liegt.

Der höchst­rich­ter­li­chen Ent­schei­dung lag der Fall zugrun­de, dass ein Arzt einem Pati­en­ten eine dia­gnos­ti­sche Maß­nah­me zwar emp­foh­len und ange­ra­ten hat­te, der Arzt den Pati­en­ten aber feh­ler­haft nicht über ihre Not­wen­dig­keit und Dring­lich­keit auf­ge­klärt hat­te. D.h., der behan­deln­de Arzt muss den Pati­en­ten auch über die medi­zi­ni­schen Hin­ter­grün­de sei­ner Emp­feh­lung wei­te­rer Befund­er­he­bun­gen auf­klä­ren. Nur so ist der Pati­ent in der Lage, für sich die Not­wen­dig­keit bzw. Dring­lich­keit wei­te­rer Befund­er­he­bun­gen, wel­che in der Regel auch mit wei­te­ren kör­per­li­chen Ein­grif­fen ver­bun­den sind, abzu­schät­zen und zu ent­schei­den, ob er sich wei­te­ren Unter­su­chun­gen unter­zie­hen will.

Eine ent­spre­chen­de the­ra­peu­ti­sche Auf­klä­rung wird auch nicht dadurch obso­let, dass mit dem Pati­en­ten ein kurz­fris­ti­ger Ter­min für wei­te­re Befund­er­he­bun­gen ver­ein­bart wird, da dem Pati­en­ten dadurch nicht auto­ma­tisch die Dring­lich­keit wei­te­rer Unter­su­chun­gen deut­lich vor Augen geführt wird. Die the­ra­peu­ti­sche Auf­klä­rung kann somit nicht kon­klu­dent über die Ver­ein­ba­rung wei­te­rer Ter­mi­ne oder die Ver­wei­sung an (spe­zia­li­sier­te) Kol­le­gen erfol­gen, son­dern muss immer aus­drück­lich und unmiss­ver­ständ­lich von dem behan­deln­den Arzt durch­ge­führt werden.