Erleichterte Eigenbedarfskündigung

 

Der Ver­mie­ter kann gemäß § 573 BGB eine ordent­li­che Kün­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses ledig­lich dann aus­spre­chen, wenn er ein berech­tig­tes Inter­es­se an der Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses hat. Ein berech­tig­tes Inter­es­se liegt ins­be­son­de­re dann vor, wenn der Ver­mie­ter die Räu­me als Woh­nung für sich, sei­ne Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen oder Ange­hö­ri­ge sei­nes Haus­halts benö­tigt, wenn er mit­hin Eigen­be­darf gel­tend macht.

 

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In der Ver­gan­gen­heit wur­den Eigen­be­darfs­kün­di­gun­gen von Gerich­ten häu­fig mit der Begrün­dung als unwirk­sam ange­se­hen, dass die Nut­zungs­plä­ne der Ver­mie­ter für die streit­ge­gen­ständ­li­che Woh­nung nicht ange­bracht sei­en. Die Rich­ter konn­ten somit mit ihren eige­nen Vor­stel­lun­gen vom ange­mes­se­nen Woh­nen die Lebens­pla­nung von pri­va­ten Ver­mie­tern ver­ei­teln, wenn sie deren Vor­stel­lun­gen schlicht für unan­ge­mes­sen hielten.

Nach einer neu­en Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH, Urteil vom 04.03.2015, VIII ZR 166/14) müs­sen Gerich­te jedoch grund­sätz­lich respek­tie­ren, wel­chen Wohn­be­darf Ver­mie­ter für sich oder ihre Ange­hö­ri­gen als ange­mes­sen anse­hen. Auf die eige­nen Vor­stel­lun­gen der Rich­ter kommt es inso­weit nicht mehr an. Es wird ledig­lich noch geprüft, ob der gel­tend gemach­te Eigen­be­darf ernst­haft ver­folgt und von ver­nünf­ti­gen und nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den getra­gen wird. Des Wei­te­ren wird geprüft, ob der Wohn­be­darf nicht weit über­höht und die Woh­nung für die­sen geeig­net ist. Ob der Wohn­be­darf weit über­höht ist, lässt sich aller­dings wie­der­um nicht pau­schal anhand einer bestimm­ten Qua­drat­me­ter­zahl pro Bewoh­ner mes­sen, son­dern muss immer unter der kon­kre­ten Wür­di­gung der Ein­zel­fall­um­stän­de ermit­telt wer­den. Selbst­ver­ständ­lich darf dem Ver­mie­ter zudem kei­ne ande­re ver­gleich­ba­re frei­ste­hen­de Woh­nung zur Deckung des Wohn­be­darfs, eine soge­nann­te Alter­na­tiv­woh­nung, zur Ver­fü­gung stehen.

Die oben ange­ge­be­ne Ent­schei­dung ist noch aus einem wei­te­ren Gesichts­punkt als Neue­rung anzu­se­hen, da die streit­ge­gen­ständ­li­che Woh­nung von dem Sohn des Ver­mie­ters zur Grün­dung einer Wohn­ge­mein­schaft genutzt wer­den soll­te. Der Bun­des­ge­richts­hof hat inso­weit kon­sta­tiert, dass der Wunsch zur Grün­dung einer Wohn­ge­mein­schaft mit einem Freund auch nicht anders zu wer­ten sei, als der Wunsch, mit einem Lebens­ge­fähr­ten zusammenzuziehen.

Eine Eigen­be­darfs­kün­di­gung ist auch dann mög­lich, wenn der Ver­mie­ter die Woh­nung nicht zu Wohn­zwe­cken, son­dern für sei­ne beruf­li­che Tätig­keit nut­zen will. Dabei ist es uner­heb­lich, ob der Ver­mie­ter die Woh­nung nur teil­wei­se, über­wie­gend oder sogar aus­schließ­lich beruf­lich nut­zen will. Inso­weit greift zwar nicht der Kün­di­gungs­grund gemäß § 573 Abs. 2 Alt. 2 BGB ein, da in die­ser Norm aus­schließ­lich von einer Nut­zung als Woh­nung gespro­chen wird, der Bun­des­ge­richts­hof bejaht in der vor­lie­gen­den Kon­stel­la­ti­on jedoch ein Kün­di­gungs­recht auf­grund der Gene­ral­klau­sel des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB (BGH, Urteil vom 26.09.2012, VIII ZR 330/11). Der Ver­mie­ter muss dem­nach ledig­lich ein berech­tig­tes Inter­es­se an der Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses haben. Die­ses setzt vor­aus, dass der Ver­mie­ter ver­nünf­ti­ge Grün­de für die Inan­spruch­nah­me der Woh­nung hat, die den Nut­zungs­wunsch nach­voll­zieh­bar erschei­nen lassen.