Ein geburts­lei­ten­der Arzt muss die wer­den­de Mut­ter wäh­rend des lau­fen­den Geburts­vor­gan­ges nicht über die Mög­lich­keit einer Kai­ser­schnitt­ent­bin­dung auf­klä­ren, wenn die­se Ent­bin­dungs­me­tho­de zum Hand­lungs­zeit­punkt kei­ne medi­zi­nisch gleich­wer­ti­ge Behand­lungs­al­ter­na­ti­ve mehr dar­stellt. Dies hat das Ober­lan­des­ge­richt Karls­ru­he (Urteil vom 31.07.2013, 7 U 91/12) ent­schie­den. Der Ent­schei­dung lag der Fall zugrun­de, dass nach einem kon­ti­nu­ier­li­chen feta­len Herz­fre­quenz­ab­fall die Not­wen­dig­keit einer raschen Ein­lei­tung von geburts­be­en­den­den Maß­nah­men fest­ge­stellt wur­de und der Arzt sodann die Ent­bin­dung mit Hil­fe einer Geburts­zan­ge durch­führ­te, ohne die wer­den­de Mut­ter über die Mög­lich­keit einer Geburts­be­en­di­gung mit­tels Kai­ser­schnitts auf­zu­klä­ren. Eine sol­che Auf­klä­rung der Mut­ter sei in der kon­kre­ten Geburts­si­tua­ti­on auch nicht vom Arzt geschul­det gewe­sen, da sie kei­ne ech­te Behand­lungs­al­ter­na­ti­ve mehr dar­stell­te, da sich der Kopf des Kin­des zu dem Zeit­punkt bereits sehr tief im Becken­aus­gang befun­den hatte.

Dabei bezog sich das Ober­lan­des­ge­richt Karls­ru­he auf die herr­schen­de Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs, nach der die Wahl der kon­kre­ten Behand­lungs­me­tho­de pri­mär Sache des behan­deln­den Arz­tes ist. Gibt es meh­re­re medi­zi­nisch glei­cher­ma­ßen indi­zier­te und übli­che Behand­lungs­me­tho­den, die wesent­lich unter­schied­li­che Risi­ken und Erfolgs­chan­cen auf­wei­sen, besteht folg­lich eine ech­te Wahl­mög­lich­keit für den Pati­en­ten, dann muss dem Pati­en­ten nach ent­spre­chen­der ärzt­li­cher Auf­klä­rung die Ent­schei­dung über­las­sen blei­ben, auf wel­chem Weg die Behand­lung erfol­gen soll und auf wel­ches Risi­ko er sich ein­las­sen will. Die Ver­pflich­tung des Arz­tes zur Auf­klä­rung über Behand­lungs­al­ter­na­ti­ven gehört in einem sol­chen Fall zu der dem Pati­en­ten geschul­de­ten Selbst­be­stim­mungs­auf­klä­rung. Sie ist aber nur dann vom Arzt geschul­det, wenn der Pati­ent eine ech­te Wahl­mög­lich­keit zwi­schen meh­re­ren Behand­lungs­mög­lich­kei­ten hat und zudem die Kennt­nis über theo­re­tisch in Betracht kom­men­de Behand­lungs­al­ter­na­ti­ven für den Pati­en­ten in sei­ner jewei­li­gen Situa­ti­on ent­schei­dungs­er­heb­lich ist. Spe­zi­ell für den Bereich der Geburts­hil­fe hat der Bun­des­ge­richts­hof die­se Grund­sät­ze zur Auf­klä­rung über Behand­lungs­al­ter­na­ti­ven kon­kre­ti­siert, dass der Arzt in der „nor­ma­len“ Ent­bin­dungs­si­tua­ti­on, bei der eine Schnitt­ent­bin­dung medi­zi­nisch nicht erfor­der­lich ist, die­se auch nicht the­ma­ti­sie­ren muss, d. h. eine vor­sorg­li­che Auf­klä­rung über ver­schie­de­ne Ent­bin­dungs­me­tho­den und deren unter­schied­li­che Risi­ken ist dann nicht gebo­ten. Eine Auf­klä­rung über theo­re­tisch in Betracht kom­men­de Mög­lich­kei­ten einer Geburts­be­en­di­gung wird vom Arzt aber auch dann nicht geschul­det, wenn im lau­fen­den Geburts­vor­gang Umstän­de ein­tre­ten, die die Ein­lei­tung ärzt­li­cher geburts­be­en­den­der Maß­nah­men erfor­dern, in der kon­kre­ten Situa­ti­on aber kei­ne medi­zi­nisch gleich­wer­ti­ge Metho­den vor­han­den sind.